Kim Jong-un möchte Nordkorea zur Atommacht aufrüsten und testet deshalb immer weiter: erstens neue Sprengköpfe und zweitens die Geduld anderer Atommächte. Kurden und Katalanen wollen jeweils einen eigenen Staat und veranstalten entsprechende Referenden. Der Jagd auf den IS folgt völlig übergangslos der Krieg gegen die Kurden, die von der irakischen und türkischen Armee in die Zange genommen werden.
Politische Wirren und der Optimismus der Börsianer
Wie reagieren Wirtschaft und die Finanzmärkte auf die ungemütliche politische Gemengelage? Die Antwort darauf lautet: Ja, es gibt zwischenzeitliche Irritationen, DAX und EuroStoxx geben als Reaktion auf eine Nachricht mal im Tagesverlauf 0 Komma X Prozent ab. Aber der Optimismus überwiegt. Das mag vielleicht daran liegen, dass Trumps wirres Getwitter und Erdogans halbstarke Sprüche mittlerweile nur noch als belangloses Hintergrundrauschen wahrgenommen werden und an Kataloniens Unabhängigkeit außer einigen Lokalpolitikern niemand ernsthaft glaubt.
Doch vor allem liegt es daran, dass Börsianer sich nicht lange mit aktuellen Schlagzeilen aufhalten. Sie richten ihren Blick nach vorne. An der Börse werden schließlich Hoffnungen gehandelt. Und beim Blick in die Zukunft geben die fundamentalen Daten tatsächlich Anlass für den an den Börsenkursen ablesbaren Optimismus.
Ein isolierter US-Präsident und die Freiheit der Fed
Die US-Wirtschaft wächst relativ stabil, ohne derzeit nennenswerten inflationären Druck aufzubauen. US-Notenbankchefin Janet Yellen kann also weiterhin ihren Kurs fortsetzen, ganz behutsam den Fuß vom Zinspedal zu nehmen, ohne die Märkte allzu sehr zu verschrecken. Von der Politik hat sie dabei kaum Gegenwind zu befürchten. Denn Donald Trump ist zwar ein lauter Präsident, aber bisher sind nahezu alle seine Projekte im Kongress beerdigt worden. Gigantische Investitionen in die US-Infrastruktur? Schuldenfinanziertes Wachstum unter dem Sternenbanner? Seine Ankündigungen haben sich in Rauchwolken aufgelöst und sind längst aus den Börsenkursen ausgepreist.
Und der Dollar? Der Greenback hat gegenüber den wichtigsten Währungen in diesem Jahr bereits deutlich an Wert verloren.
Europa lebt
Es ist nicht nur eine Schwäche des Dollars. Es ist auch ein Wiedererstarken des Euro und der europäischen Wirtschaft. Der Aufschwung in Europa stützt sich nicht mehr nur auf Deutschland, sondern gewinnt zunehmend an Breite und Tiefe. Sogar Sorgenkind Frankreich meldet zum Teil deutlich bessere Daten als noch vor einem Jahr.
Die Zahlen sind so gut, dass die Europäische Zentralbank allmählich unter Zugzwang gerät. Eine wachsende Wirtschaft, steigende Kreditvergaben und selbst in Krisenländern wieder sinkende Arbeitslosigkeit rechtfertigen eigentlich keine Minuszinsen und massive Anleihekaufprogramme mehr. Einzig die anhaltend niedrige Inflationsrate taugt noch als Begründung dafür.
Der französische Präsident marschiert, der US-Präsident stolpert voran
Lehnt man sich einmal zurück und führt sich mit Abstand vor Augen, was man vor zwölf Monaten gehofft oder befürchtet hat – und was in dieser Zeit dann tatsächlich passiert ist, dann muss man sagen: Es kommt oft anders als man denkt. So ist Donald Trump gegen alle Erwartungen Präsident geworden und hat danach gegen alle Befürchtungen keines seiner Ankündigungen umsetzen können. Und Frankreich, mon dieu, ist nicht der Antieuropäerin Marine Le Pen auf den Leim gegangen, sondern hat sich für einen Mann entschieden, der die europäische Karte spielt wie niemals ein Franzose vor ihm.
Und es bleibt spannend, auch zum Jahresende hin. In den USA versucht Donald Trump mit seiner Steuerreform ein politisches Comeback. Und die Neuausrichtung Europas, wie sie der französische Präsident Macron skizziert hat, wird durch die komplizierte Regierungsbildung in Deutschland wohl nicht zum Selbstläufer.
Die weitere Entwicklung dürfte auch für den Euro und den Dollar Konsequenzen haben. Es ist nicht auszuschließen, dass der Euro zwischenzeitlich einen Teil seiner Gewinne gegenüber der Dollar wieder abgeben wird. Spannend bleibt auch, wie die beiden großen Notenbanken in den USA und Europa weiter agieren werden. Yellen und Draghi haben zu Recht großen Respekt vor möglichen Marktreaktionen auf eine langsame Entwöhnung der Märkte von der Droge des zu billigen Geldes. Für die Aktienmärkte ist das eine gute Nachricht. Voraussetzung für die weiter gute Stimmung ist, dass markige Sprüche im nordkoreanisch-US-amerikanischen Dialog die äußerste Form der Eskalation bleiben.