Die Welt sieht rot

Die US-Präsidentschaftswahl ist ein wirklich wichtiges Ereignis. Deshalb habe ich die Wahl am Fernseher und im Internet live mitverfolgt. Mit so viel Spannung hatte ich jedoch nicht gerechnet. Noch um 2:41 Uhr mitteleuropäischer Winterzeit lag Hillary Clinton vorne. Ich bin kurz danach eingenickt. Als ich eine Stunde später noch einmal wach wurde, musste ich mich kneifen, um mich zu überzeugen, dass ich nicht träume. In den Nachrichten war die Landkarte der USA größtenteils rot markiert. Das ist die Farbe der Republikaner, die – abgesehen von ein paar Ost- und Westküsten-Staaten – fast überall im Land die Mehrheit der Wähler für sich hatten gewinnen konnten. Seit 8:34 Uhr unserer Zeit ist es offiziell: Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird Donald Trump sein.

Ich gestehe an dieser Stelle: Ich gehöre nicht zu den Women vote Trump, die auf Ihrer Website ihrem Idol in geradezu peinlicher Weise huldigen. Ich kann nur schwer verstehen, wie sich Frauen für diesen offensichtlich frauenverachtenden Mann begeistern können.

Allerdings erwarte ich jetzt auch kein Armageddon. Denn anders als in Polen, Ungarn oder der Türkei wird Trump in den USA die Demokratie nicht im Handstreich schleifen können. Vermutlich wird er es nicht einmal wollen. „The Donald“ mag ein Rüpel sein. Aber mit dem politischen Establishment, das er im Wahlkampf so heftig beschimpft hat, macht er schon seit Jahrzehnten gute Geschäfte. Ohne seine Seilschaften in der Politik wäre sein wirtschaftlicher Aufstieg gar nicht denkbar gewesen. Sein größtes mentales Problem wird eher sein, dass er jetzt auf der anderen Seite steht. Die Begehrlichkeiten aus der Wirtschaft werden nun an ihn herangetragen. Ein Mann, der bis jetzt nur seinen eigenen monetären Vorteil im Blick hatte, darf plötzlich im Verteilerkasten der größten Volkswirtschaft der Welt herumstöpseln.

Anders als Barack Obama, der den größten Teil seiner Amtszeit von der republikanischen Mehrheit im Senat komplett ausgebremst wurde, wird Donald Trump nun mindestens zwei Jahre lang durchregieren können. Denn die Republikaner haben sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus die Mehrheit.

Doch was wird Donald Trump mit seiner Machtfülle anfangen? Das lässt sich nur schwer prognostizieren. Zwar geriert er sich als Macher. Doch zu wirtschaftlichen Fragen hat er sich im Wahlkampf kaum geäußert. Sein vollmundiger Slogan Make America great again ist immer merkwürdig inhaltsleer geblieben. Trump will Jobs in die USA zurückholen und dafür Immigranten rausschmeißen. Konkrete Konjunkturmaßen? Pläne für eine Reindustrialisierung der USA? Ideen, wie man mehr Jobs in den USA schaffen könnte? Fehlanzeige. Der Mann bleibt eine Wundertüte.

Die Börse in Frankfurt hat bereits gezeigt, wie damit umzugehen ist. Nach dem ersten emotionalen Schock und einem kurzzeitigen Einbruch der Aktienkurse um drei Prozent kommt schnell die Erkenntnis, dass sich die Erde immer noch im selben Tempo dreht – und das Wissen, dass The Donald die meisten seiner vollmundigen Wahlversprechen schnell wieder einkassieren wird.

Einen ersten Vorgeschmack auf seine Präsidentschaft hat er mit einer lammfrommen Rede, die von seinem Beraterstab bereits vorbereitet wurde und die er vom Teleprompter abgelesen hat, schon geliefert. Trump ist eben doch Teil des Establishments. Auch seine Wähler werden das eines Tages begreifen müssen.

Das Land der untergehenden Zinsen

Im Jahr 1963 hat der Meteorologe Edward Lorenz durch Zufall herausgefunden, welch großen Unterschied es machen kann, ob man bei der Berechnung einer langfristigen Prognose die vierte Stelle hinterm Komma berücksichtigt oder weglässt. Die Chaostheorie war geboren – und mit ihr der viel zitierte Schmetterlings-Effekt: Ein Schmetterling, der in Shanghai mit seinen Flügeln wackelt, könnte einen Wirbelsturm in New York auslösen.

Wir erleben seit einigen Jahren sehr eindrücklich, wie Ziffern hinterm Komma dazu führen können, dass Billionenvermögen von einem Kontinent auf den anderen stürmen. Deshalb sollte man auch als europäischer Investor aufhorchen, wenn die Bank of Japan (BoJ) in Tokio mit ihren Flügeln wackelt.

In einer Stellungnahme nach ihrer jüngsten Sitzung hat die japanische Notenbank angekündigt, man werde zukünftig verstärkt die Zinsstruktur im Auge behalten, sprich einen Anstieg der Zinsen am langen Laufzeitende und somit einen „normalen und steileren Verlauf“ der Zinsstrukturkurve anstreben. Dadurch würden Geldanlagen in Abhängigkeit ihrer Laufzeit dann wieder attraktiver verzinst werden.

Kondensiert man diese blumigen Ausführungen auf ihre Kernaussage, bleibt ein Satz übrig, der nichts anderes ist als eine finanzpolitische Revolution: Die Zinsen in Japan werden bald steigen.

Hallo?

Seit 27 Jahren streben die Zinsen in Japan gegen Null, teilweise sogar darunter. Die BoJ nutzt die negativen Zinsen und kauft in großem Stile japanische Staatsanleihen auf. Sie betreibt damit direkte Staatsfinanzierung. Erst im März dieses Jahres hat Japan bei der Versteigerung zehnjähriger Anleihen mit Minus-Renditen umgerechnet knapp 20 Milliarden Euro verdient. Wohlgemerkt: verdient! Und jetzt das? Steigende Zinsen? Warum?

Offensichtlich hat irgendjemand in Tokio bemerkt, dass die fortdauernde Null- oder sogar Negativzinspolitik unangenehme Nebenwirkungen haben kann – ohne dass die Primärziele überhaupt erreicht werden. Die Inflation springt nicht wie gewünscht an, die Wirtschaft kommt nicht in Schwung, und der Aktienmarkt tritt seit 25 Jahren de facto auf der Stelle. Vielleicht könnte ja eine Trendumkehr bei den Zinsen auch eine Trendumkehr bei der Konjunktur bedeuten. Der BoJ jedenfalls scheint die Idee wohl so gut zu gefallen, dass sie den Umkehrschub einschalten will.

Es könnte Signalwirkung haben, mehr noch als die angekündigte Zinswende in den USA. Denn Japan gilt bekanntermaßen Mario Dragi als Vorbild. Vielleicht kommt er ja ins Grübeln. Es wäre dringend nötig. Denn seine Minuszinspolitik schleift die europäische Finanzindustrie und betrifft mittlerweile immer mehr Privatkunden: Die Banken geben die negativen Einlagenzinsen nämlich direkt weiter. Auch die zweite Säule unserer Finanzbranche – die Versicherungen – leidet mehr und mehr unter den Niedrigzinsen. Folge: Die Prämien werden erhöht. Private Krankenversicherungskunden werden das in den kommenden Wochen schmerzhaft zu spüren bekommen.

Ich bin jedenfalls gespannt, ob zum Kirschblütenfest im kommenden März in Tokio die Schmetterlinge mit ihren Flügeln wackeln. Mit etwas Glück lösen sie keinen Sturm, sondern eine warme Brise bei uns aus.

Das Lachen und Weinen des jungen G.

„Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, dass die Bank, die das Spekulantentum zum Geschäftsmodell gemacht hat, sich jetzt zum Opfer von Spekulanten erklärt“. Zitat Ende. Die Quelle: Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Gymnasiallehrer. So steht es auf seiner Abgeordnetenseite des Deutschen Bundestages.

Der Auslöser für Gabriels ambivalente Gefühle ist die Aussage von Deutsche-Bank-Chef John Cryan, der Spekulanten für den Absturz des Börsenkurses der Deutschen Bank verantwortlich gemacht hat.

Der Gymnasiallehrer Gabriel hat grundsätzlich Recht: Wer an der Börse spekuliert, sollte auch darauf gefasst sein, dass er selbst einmal Spekulationsobjekt werden könnte – und sich tunlichst nicht darüber beschweren.

Der Gymnasiallehrer Gabriel darf sich natürlich darüber lustig machen.

Als Sigmar Gabriel während seiner Iran-Reise auf Cryans Äußerungen angesprochen wurde, war er aber nicht als Gymnasiallehrer oder privat unterwegs, sondern als Bundesminister für Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland. Mit Verlaub: Das ist eine andere Hausnummer. Man darf von einem Bundeswirtschaftsminister erwarten, dass …

… er erstens den Unterschied zwischen einem auf Spekulation spezialisierten Hedgefonds und einer Großbank kennt.

… er zweitens die Interessen der deutschen Wirtschaft vertritt. Dazu gehört – ob ihm das als Parteivorsitzendem der Sozialdemokraten passt oder nicht – auch die Deutsche Bank.

… es ihm nicht egal sein sollte, ob das größte deutsche Bankinstitut in eine finanzielle Schieflage gerät. Der Internationale Währungsfonds hat die Deutsche Bank erst kürzlich als größte Gefahr für das globale Bankensystem bezeichnet. Das Geldhaus sei so vernetzt in der Welt, das sein Zusammenbruch wohl eine neue Finanzkrise auslösen würde.

… er abschätzen kann, was es bedeutet, welches Signal ein Wirtschaftsminister an den Finanzmarkt sendet, wenn er sich über einen Konzern in dieser Form äußert. Seine Worte sagen: „Dieser Konzern ist mir schnuppe“.

Immerhin macht Gabriel keinen Hehl aus seiner Haltung. Er hat auf Nachfrage von Journalisten sogar noch nachgetreten. Die Bank mache ihm keine Sorgen, sagte er. Aber er mache sich „Sorgen um die Menschen, die bei der Deutschen Bank arbeiten“, so Gabriel. Bei diesen Worten beschleicht mich ein ungutes Gefühl. Kann es sein, dass Gabriel eine neue Chance wittert? Dass er vielleicht sogar auf eine Notsituation der Deutschen Bank hofft? Um dann mit Staatshilfen und als Fusionshelfer für eine „Deutsche Commerz Bank“ werbewirksam Arbeitsplätze retten zu können?

Tengelmann, die Zweite? Diesmal aber richtig?

Es ist nur so ein Gedanke. Vielleicht sogar weit hergeholt. Hoffentlich ist er sogar völlig abwegig. Aber wenn nicht: Ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte.

Wer braucht Vermögensverwalter? Und wenn ja: wen?

Anleger eint derzeit wohl ein gemeinsamer Wunsch: Das private Vermögen soll erhalten werden. Mindestens das und vielleicht noch ein bisschen mehr. Ganz gleich, welche Stürme über die Börsenwelt jagen. Wir Vermögensverwalter versprechen genau dies: abseits von Modetrends möglichst Risiken zu vermeiden.

Bedeutet das, dass jeder Anleger einen Vermögensverwalter braucht?

Natürlich braucht nicht jeder Anleger einen Vermögensverwalter. Grundsätzlich ist es erst ab einer bestimmten Summe sinnvoll. Faustregel: Ab etwa 500.000 Euro macht es Sinn, sein Vermögen professionell verwalten zu lassen. Dann aber kann es sich richtig lohnen. Nur mal zur Veranschaulichung: Gelingt es dem Profi, innerhalb eines Jahres ein Prozent mehr Rendite zu erwirtschaften als es der Anleger selbst schaffen würde, bedeutete dies bei der genannten Summe ein Plus von 5.000 Euro. Innerhalb eines Jahres. Das kann die eigene Urlaubskasse schon mal aufhellen. Oder zur Finanzierung des Studiums der eigenen Kinder beitragen. Oder…auch dieses Geld weiter für sich arbeiten zulassen. Es lohnt sich auf jeden Fall, darüber nachzudenken.

Wer passt zu wem?

Wer also darüber nachdenkt, die Verwaltung seines Vermögen fremden Händen anzuvertrauen, sollte sich auch eine andere wichtige Frage stellen: Ist eine Bank oder ein unabhängiger Vermögensverwalter die richtige Wahl? Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Denn hier geht es nicht nur um Geld. Vermögensverwaltung ist ein sehr persönliches Business, das oft weit über das Thema Finanzmanagement hinausgeht. Nicht jeder Vermögensverwalter und jede Bank passt zu jedem Anlegertyp. Mein Tipp: Suchen Sie das persönliche Gespräch. Vergleichen Sie. Und vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl.