Sommerliches Säbelrasseln

Kim Jong-un möchte Nordkorea zur Atommacht aufrüsten und testet deshalb immer weiter: erstens neue Sprengköpfe und zweitens die Geduld anderer Atommächte. Kurden und Katalanen wollen jeweils einen eigenen Staat und veranstalten entsprechende Referenden. Der Jagd auf den IS folgt völlig übergangslos der Krieg gegen die Kurden, die von der irakischen und türkischen Armee in die Zange genommen werden.  „Sommerliches Säbelrasseln“ weiterlesen

Big Spender Trump

The minute you walked in the joint, I could see you were a man of distinction. A real big spender, good looking, so refined (hier die deutsche Übersetzung). So hat Shirley Bassey einst ihren „Big Spender“ besungen, den Mann mit den vollen Taschen. Das war 1971. Ich glaube nicht, dass Bassey dabei an Donald Trump gedacht hat, wenn sie auf der Bühne stand. „Ein vornehmer Mann, gutaussehend und gebildet“. Man kann darüber streiten. Aber wer weiß, vielleicht sind sich die beiden ja damals sogar begegnet.

Immerhin hat Donald Trump 1971 die Führung des Familienunternehmens Elizabeth Trump & Son übernommen und sogleich in Trump Organization umbenannt. Seitdem ist er als Big Spender unterwegs. Sein Erfolgsrezept: Er schmeißt gern mit dem Geld um sich. Allerdings nicht mit dem eigenen.

So darf es eigentlich niemanden verwundern, dass er auch als designierter US-Präsident schon vor seinem Amtsantritt große Investitionen ankündigt. Als Big Spender will er zum Beispiel massiv in die Infrastruktur des Landes investieren. Darüber hinaus zielt Donald Trumps Schlachtruf „Make America Great Again“ darauf ab, US-Unternehmen, die in den USA produzieren, zu unterstützen. Und auch das Militär jubelt: Trump setzt lieber auf Stärke statt auf diplomatisches Geschick. Das Gesundheitssystem will er dafür deregulieren. Das freut die Arzneihersteller.

Die Trump-Gewinner jubeln

Die Infrastruktur- und Rüstungsbranche, Pharma, US-Automobile und nicht zuletzt die Rohstoffbranche, die gerne an den einstigen Fracking-Boom anknüpfen möchte, erhoffen sich steigende Umsätze und Gewinne. Die Hoffnungen spiegeln sich in den steigenden Aktienkursen in den betreffenden Branchen seit der Wahl wider.

Ein Trump-Gewinner ist auch der US-Dollar. Trumps angekündigte Konjunkturprogramme locken mehr Kapital in US-Aktien. Das stärkt den US-Dollar – was wiederum noch mehr Anleger dazu motiviert, in US-Wertpapiere zu investieren. Eine Parität zwischen Euro und US-Dollar ist mittelfristig deshalb durchaus denkbar.

Wie können europäische Anleger vom Big Spending profitieren?

Das Szenario bietet aufgrund des höheren Zinsniveaus und des gleichzeitig erstarkenden US-Dollar Chancen. Ich finde derzeit beispielsweise einige frische Anleihen von US-Unternehmen interessant. Wenn es um Aktien geht, könnte es sich lohnen, sich Titel genauer anzusehen, die nach der Wahl Trumps größere Kursverluste hinnehmen mussten. Dazu zählen insbesondere defensive Werte aus der Konsumgüter-Branche. Deren Geschäftsmodelle hängen in der Regel nicht davon ab, wer gerade US-Präsident ist.

Wer bezahlt am Ende die Rechnung?

US-Investments können sich also durchaus lohnen. Aber man sollte die Augen dabei offen halten. Denn Trump will seine Konjunkturpläne mit geliehenem Geld umsetzen.

Wie schon eingangs erwähnt: Das hat System. Der Mann investierte schon immer gerne auf Pump. Das Risiko trugen leider oft diejenigen, die ihm das Geld geliehen hatten. Mehrere Male stand Trump als Unternehmer bereits vor dem Bankrott. Meistens büßten vor allem seine Gläubiger für den Schaden. Man kann nun für die USA und den Rest der Welt nur hoffen, dass die nächste Trump-Episode nicht diesem Muster folgt.

Es wird sich bald zeigen, welchen Einfluss Donald Trump tatsächlich auf die Wirtschaft der USA haben wird. Sicher ist nur: In vier oder spätestens acht Jahren wird er nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein. Ich bin gespannt, wer dann die Rechnung für den Big Spender zahlt.

Das Land der untergehenden Zinsen

Im Jahr 1963 hat der Meteorologe Edward Lorenz durch Zufall herausgefunden, welch großen Unterschied es machen kann, ob man bei der Berechnung einer langfristigen Prognose die vierte Stelle hinterm Komma berücksichtigt oder weglässt. Die Chaostheorie war geboren – und mit ihr der viel zitierte Schmetterlings-Effekt: Ein Schmetterling, der in Shanghai mit seinen Flügeln wackelt, könnte einen Wirbelsturm in New York auslösen.

Wir erleben seit einigen Jahren sehr eindrücklich, wie Ziffern hinterm Komma dazu führen können, dass Billionenvermögen von einem Kontinent auf den anderen stürmen. Deshalb sollte man auch als europäischer Investor aufhorchen, wenn die Bank of Japan (BoJ) in Tokio mit ihren Flügeln wackelt.

In einer Stellungnahme nach ihrer jüngsten Sitzung hat die japanische Notenbank angekündigt, man werde zukünftig verstärkt die Zinsstruktur im Auge behalten, sprich einen Anstieg der Zinsen am langen Laufzeitende und somit einen „normalen und steileren Verlauf“ der Zinsstrukturkurve anstreben. Dadurch würden Geldanlagen in Abhängigkeit ihrer Laufzeit dann wieder attraktiver verzinst werden.

Kondensiert man diese blumigen Ausführungen auf ihre Kernaussage, bleibt ein Satz übrig, der nichts anderes ist als eine finanzpolitische Revolution: Die Zinsen in Japan werden bald steigen.

Hallo?

Seit 27 Jahren streben die Zinsen in Japan gegen Null, teilweise sogar darunter. Die BoJ nutzt die negativen Zinsen und kauft in großem Stile japanische Staatsanleihen auf. Sie betreibt damit direkte Staatsfinanzierung. Erst im März dieses Jahres hat Japan bei der Versteigerung zehnjähriger Anleihen mit Minus-Renditen umgerechnet knapp 20 Milliarden Euro verdient. Wohlgemerkt: verdient! Und jetzt das? Steigende Zinsen? Warum?

Offensichtlich hat irgendjemand in Tokio bemerkt, dass die fortdauernde Null- oder sogar Negativzinspolitik unangenehme Nebenwirkungen haben kann – ohne dass die Primärziele überhaupt erreicht werden. Die Inflation springt nicht wie gewünscht an, die Wirtschaft kommt nicht in Schwung, und der Aktienmarkt tritt seit 25 Jahren de facto auf der Stelle. Vielleicht könnte ja eine Trendumkehr bei den Zinsen auch eine Trendumkehr bei der Konjunktur bedeuten. Der BoJ jedenfalls scheint die Idee wohl so gut zu gefallen, dass sie den Umkehrschub einschalten will.

Es könnte Signalwirkung haben, mehr noch als die angekündigte Zinswende in den USA. Denn Japan gilt bekanntermaßen Mario Dragi als Vorbild. Vielleicht kommt er ja ins Grübeln. Es wäre dringend nötig. Denn seine Minuszinspolitik schleift die europäische Finanzindustrie und betrifft mittlerweile immer mehr Privatkunden: Die Banken geben die negativen Einlagenzinsen nämlich direkt weiter. Auch die zweite Säule unserer Finanzbranche – die Versicherungen – leidet mehr und mehr unter den Niedrigzinsen. Folge: Die Prämien werden erhöht. Private Krankenversicherungskunden werden das in den kommenden Wochen schmerzhaft zu spüren bekommen.

Ich bin jedenfalls gespannt, ob zum Kirschblütenfest im kommenden März in Tokio die Schmetterlinge mit ihren Flügeln wackeln. Mit etwas Glück lösen sie keinen Sturm, sondern eine warme Brise bei uns aus.