Poltergeist Trump

Donald Trump poltert durch Weltpolitik und hinterlässt dabei Scherbenhaufen. Doch es kann sich lohnen, die Bruchstücke aufzusammeln und neu zusammenzusetzen.

Stimmung ist so eine Sache. Man kann sich den Tag mies machen, wenn man die Schlagzeilen in den Medien liest. Das Versagen der „Mannschaft“ bei der Fußball-WM. Seehofers Eiertanz und der Rücktritt vom Rücktritt. Das schlechte Abschneiden des DAX in der ersten Jahreshälfte: rund minus fünf Prozent und damit einer der schlechtesten Performer in Europa. Und sowieso schlechter als die starken US-Börsen.

Wie Donald Trump die Zahlen verdreht und sich dabei enorm verrechnet

Ach ja, und da ist auch noch Donald Trump und der von ihm angedrohte Handelskrieg. Wobei: Hier lohnt es sich, die Zahlen und Ziele des US-Präsidenten ein wenig geradezurücken. Donald Trump arbeitet, wie so oft, mit Zahlen, die ihm gerade  passen, die aber nur eine sehr beschränkte Sicht auf die Wirklichkeit liefern: So wirft er den Europäern zum Beispiel vor, mehr Waren in die USA zu liefern als umgekehrt. Das ist zwar richtig. Korrekter wäre jedoch der Blick auf die komplette Leistungsbilanz inklusive Dienstleistungen und Unternehmensgewinne, die US-amerikanische Konzerne in Europa erwirtschaften: Unter dem Strich erzielen die USA gegenüber Europa hier einen Überschuss von vier Milliarden Euro. Ein Handelskrieg mit Europa würden den USA also mehr schaden als nützen. Denn Strafzölle verteuern die aus Europa importierten Waren und werden die US-Konsumenten im Mark treffen. Zur Erinnerung: 75% des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes werden vom Konsum getragen. Deshalb halte ich es für möglich, dass das Thema Strafzölle auf europäische Autos wieder in der Versenkung verschwinden könnte. Schon aus Eigeninteresse.

Wir sollten uns stattdessen genauer ansehen, was Trumps Politik gegenüber China bewirkt. Dort sieht die Lage aus US-amerikanischer Sicht komplett anders aus: Per Saldo erwirtschaftet China bei Betrachtung der Leistungsbilanz einen Überschuss in Höhe von insgesamt 396 Milliarden US-Dollar! Dieses starke Ungleichgewicht resultiert daraus, dass China den eigenen Markt gegenüber Investitionen aus dem Ausland lange abgeschottet hat. Das polternde Auftreten Donald Trumps mag uns erschrecken. Aber wir dürfen uns auch über seinen Erfolg freuen: China zeigt plötzlich Bereitschaft, sich mehr und mehr für ausländische Investoren zu öffnen, auch gegenüber Europa. Das ist bitter nötig. Bisher schauen wir nur ohnmächtig zu, wie chinesische Investoren immer mehr mittelständische Industrieunternehmen, Infrastruktur und sogar große Konzerne in Europa aufkaufen. Die Übernahme des Robotik-Vorzeigeunternehmens Kuka durch die Chinesen ist das prominenteste Beispiel dafür, wie deutsches Ingenieurs-Know-how widerstandslos hergegeben wird. Vielleicht nutzt man nun den Rückenwind aus Washington und entwickelt in Europa eigene Ideen.

Italien sorgt für einen schwachen Euro und für einen starken Export

Rückenwind für Europa kommt übrigens auch von der Währungsseite. Der Grund dafür liegt paradoxerweise ausgerechnet in Italien. Das Land könnte das zweite Griechenland werden, mit Hilfspaketen in Milliardenhöhe. Diese Hilfspakete werden nötig sein, damit sich die europäischen Gläubiger Zeit erkaufen können, um ihre faulen Kredite abzuschreiben. Um die Dimension klar zu machen: Italien hat 440 Milliarden Euro Schulden im Euro-System und 250 Milliarden Euro bei der EZB. Italien ist einfach zu groß, als dass man eine Eskalation der Situation auch nur in Erwägung ziehen darf.

Die konkrete Folge: Damit die Zinslast von Italien überhaupt bewältigt werden kann, wird das Zinsniveau vermutlich länger als gedacht niedrig bleiben. Ich gehe davon aus, dass wir frühestens Ende 2019, wahrscheinlich sogar erst in 2020 erste Zinsanhebungsschritte der EZB sehen werden. Der Euro wird gegenüber dem US-Dollar weiter zur Schwäche neigen, was wiederum unserer exportstarken Wirtschaft und damit unseren Kernindustrien helfen wird.

Fazit: An Aktieninvestments führt nach wie vor kein Weg vorbei. Die bereits im Juni erfolgte Korrektur der Märkte war aus meiner Sicht bereits die jährliche Sommerflaute. An schwachen Markttagen kann man deshalb die Chancen zum Wiedereinstieg oder zum Neuaufbau von Positionen nutzen. Besonders interessant könnten auch US-amerikanische Technologiewerte sein, die meines Erachtens weiterhin ausreichend Potential für Wachstum bieten, auch wenn einige Titel mittlerweile ambitionierte Bewertungen aufweisen.

Der europäische Rentenmarkt bleibt als Anlageuniversum dagegen aufgrund der weiterhin niedrigen Zinsen weiter unattraktiv. Eine zu erwartende Dollarstärke sowie der mittlerweile deutliche Zinsvorteil amerikanischer Anleihen werden wohl dazu führen, dass Kapital aus dem europäischen in den US-amerikanischen Anleihemarkt fließt.