Aktien: Chance oder Risiko?

Wer für die Zeit nach dem Erwerbsleben finanziell vorsorgen möchte, sollte sein Vermögen auf drei Säulen aufbauen: selbst genutzte Immobilien, laufende Erträge sowie ausreichend Liquidität. Dazu zählen auch Aktien. Diese wichtige Komponente der dritten Säule, nämlich Aktien, wird dabei von Anlegern oft als riskant eingestuft – zu Unrecht.

Das Prinzip Hoffnung ist der falsche Weg

Geht es um das Thema Altersvorsorge, ist das Prinzip Hoffnung der falsche Weg. Wer einfach nur hofft, dass nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben genügend Geld da ist, um den eigenen Lebensstil aufrecht zu erhalten, wacht in der Regel ernüchtert auf. Denn die staatliche Rente reicht in der Regel nicht aus. Das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Die Alternativen lauten: ein Lottogewinn, eine plötzliche, hohe Erbschaft oder über viele Jahre konsequent umgesetzter Vermögensaufbau.

Die beiden ersten Alternativen scheiden als verlässliches Vorsorgekonzept mangels niedriger Eintrittswahrscheinlichkeit in der Regel aus. Der dritte Weg ist jedoch in der Praxis erprobt und sorgt, wenn er richtig angegangen wird, im Alter für mehr Geld und weniger Sorgen. Die gute Nachricht: Altersvorsorge ist kein Hexenwerk. Ein gesundes und nachhaltiges Konzept beruht auf nur drei Säulen.

Die erste Säule: selbst genutzter Immobilienbesitz

Mietfreies Wohnen in den eigenen vier Wänden sorgt für geringere laufende Kosten. So wird der monatliche finanzielle Spielraum erweitert und die Lebensqualität erhöht. Zudem bietet die eigene Wohnimmobilie einen Schutz gegen Inflation. Mietpreiserhöhungen sind dann nämlich kein Thema mehr. Gleichzeitig können Immobilien sogar von Inflation profitieren, was eine Rolle spielt, wenn das eigene Heim doch einmal verkauft werden soll oder muss.

Die zweite Säule: laufende Einnahmen

Laufende Einnahmen können aus privaten Rentenverträgen oder aus Lebensversicherungen erfolgen, die in eine lebenslange Rente umgewandelt werden. Ein weiterer Weg ist es, sich eine Lebensversicherung in einer Summe auszahlen zu lassen, das Geld anzulegen und über einen monatlichen Dauerauftrag für laufende regelmäßige Erträge zu sorgen. Das Spielfeld ist weit. Ergänzt werden sollte eine private Rente im Idealfall durch Miet-Einnahmen aus Immobilien.

Die dritte Säule: Liquidität

Liquidität bedeutet nicht nur Cash auf der hohen Kante, sondern auch Wertpapiervermögen. Dazu zählen insbesondere auch Aktien. Denn sie erfüllen gleich drei wichtige Eigenschaften: Durch langfristigen Wertzuwachs schaffen sie Vermögen, Dividenden sorgen zudem für regelmäßige, laufende Einnahmen und damit mehr Liquidität. Und die dritte Eigenschaft sorgt dafür, dass Aktien überhaupt zur Säule „Liquidität“ gezählt werden: sie lassen sich schnell und unkompliziert an der Börse verkaufen.

Die Sache mit dem Risiko

Die dritte Säule wird von deutschen Anlegern vernachlässigt. Nicht einmal ein Viertel der verfügbaren DAX-Aktien wird von deutschen Privatanlegern gehalten. Auch bei anderen deutschen Standard-Indizes wie dem MDAX, dem TecDAX oder dem SDax sieht es nicht viel anders aus. Dabei erwirtschaften die dort versammelten Unternehmen überzeugende Gewinne und tragen maßgeblich mit zum Wirtschaftswachstum in Deutschland bei. Woher also kommt die Aktienscheu der Deutschen? In Umfragen geben Deutsche oft an, dass sie Aktien für eine riskante Anlageform halten. Der Begriff „Risiko“ sollte deshalb einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

Erste Fehlannahme: Volatilität gleich Risiko

Volatilität wird von Anlegern oft mit Risiko gleichgesetzt. Richtig ist: Wenn der Kurs eines Wertpapiers stark im Wert schwankt, erhöht sich das Risiko zwischenzeitlicher Verluste. Gleichzeitig bedeuten Kursschwankungen aber auch die Chance auf steigende Kurse. Die Börse kennt eben nicht nur eine Richtung. Über längere Zeiträume betrachtet, erweisen sich Aktien gerade aufgrund dieser Chance als die Anlageklasse mit den durchschnittlich höchsten Renditen im Vergleich zu anderen Anlageformen.

Zweite Fehlannahme: Aktien sind riskanter als andere Anlageformen

Auch innerhalb des Drei-Säulen-Modells sind Aktien nicht die riskanteste Anlageform. Je nach Gesamtvermögen, Aufteilung des Kapitals und konkretem Investitionsobjekt können beispielsweise Immobilien ein deutlich höheres Risikopotenzial in sich tragen. So ist mancher, der sein Eigenheim zu großen Teilen fremdfinanziert, mit über 100 Prozent seines Gesamtvermögens in nur ein Objekt investiert. Unter dem Aspekt der Risikodiversifikation ist das kein gutes Verhältnis. Ändern sich wesentliche Bedingungen, unter denen die Immobilie einst gebaut oder gekauft wurde, sind hohe Wertverluste und/oder Schwierigkeiten bei der Prolongation des Hypothekenkredits möglich. Das sollte nicht unterschätzt werden. Auch Anleihen sind unterm Strich nicht „sicherer“ als Aktien. Zinsänderungen, gegebenenfalls Wechselkursverschiebungen, plötzliche Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners sind nur einige Beispiele für Risikofaktoren, die Anleger berücksichtigen müssen.

Dritte Fehlannahme: Risiko lässt sich ausschließen

Ausnahmslos jede Investition bietet nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Deshalb gehört zu jeder Vermögensstrategie auch ein Risikobudget. Das bedeutet im Klartext: Wird eine vorher festgelegte Verlustschwelle von beispielsweise zehn Prozent des Vermögens erreicht, sollten Anleger handeln, um die Wahrscheinlichkeit von weiteren Verlusten rigoros einzuschränken. Der Verkauf von auffälligen Risikopositionen gehört in solch einem Fall zu den wichtigsten Maßnahmen.

Fazit: Anleger sollten beim Aufbau von Vermögen nicht nur auf eine Anlageklasse setzen. Ein möglichst breit gestreutes Aktienportfolio sollte aber in jedem Fall dabei sein, denn Aktien bieten langfristig – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer höheren Volatilität – die besten Renditechancen.

Die besten Fonds und ETFs

Gestern haben wir zum ersten Mal zu „Kaffeegesprächen“ in unserem Haus eingeladen. In ungezwungener Runde kamen Entscheider aus verschiedenen Branchen miteinander ins Gespräch. Während im Hintergrund die Espressomaschine auf Hochtouren lief, sprach man nicht nur, aber natürlich auch über das Thema Geldanlage. So kam in einer der Runden, die beisammen standen, etwa die Frage auf, wo und wie man denn die besten Fonds und ETFs finden könne.

Das ist eine sehr spannende Frage. Ich wundere mich tatsächlich immer wieder, wenn ich in den Medien Artikel mit der Überschrift „Die besten Fonds“ oder „Die besten ETFs“ lese. Man sollte sich davon nicht in die Irre führen lassen. Denn die „besten“ Fonds und ETFs gibt es eigentlich gar nicht. Jedenfalls nicht pauschal. Die „besten“ Finanzprodukte sind grundsätzlich diejenigen, die zu der ganz individuellen Strategie, den Zielen und zur Risikoneigung des jeweiligen Anlegers passen. Wenn diese Produkte dann auch noch vergleichsweise preiswert sind und die Renditevorgaben erfüllen, können sie ihren Platz im Portfolio des Anlegers finden.

Erst kommt die Strategie, dann die Produkte

Ich habe das mit Blick auf den Barista, der unsere Bestellungen unserer kleinen Runde gerade entgegennahm, so erklärt: Bevor ich Kaffee, Zucker und Milch einfülle, sollte ich mich erst einmal entscheiden, ob ich einen Espresso, einen Latte Macchiato oder einen Kaffee mit Zucker will. Erst dann entscheidet sich zum Beispiel auch, ob ich überhaupt Zucker oder Milch benötige und ob ich dafür ein Glas oder eine Tasse brauche. So ist das auch bei der Geldanlage: Am Anfang sollten nicht die einzelnen Produkte, sondern die Strategie und ihre individuellen Parameter stehen. Man sollte sich Fragen stellen wie: Will ich als Anleger mit meinem Portfolio vor allem hohe laufende Einnahmen erzielen? Oder setze ich mehr auf Wachstum? Wie flexibel will ich mit meinen Anlagen bleiben? Und so weiter. Erst dann kommt die Auswahl der Produkte, die diese Strategie mit Leben füllen. Das ist der Idealfall.

Die Realität sieht leider oft anders aus. Die meisten Depots von Privatanlegern, die an der Börse aktiv sind, werden mehr oder weniger zufällig zusammengestellt. Berichte über Aktien, Zertifikate, ETFs und Fonds in Anlegermagazinen geben den Anstoß zu einem Kauf. Über Aktien- und Anleihen-Quoten, Streuung von Branchen etc. denken nur wenige Privatanleger nach.

Nicht jeder Fonds hält, was sein Name verspricht

Zugegeben: Die Finanzindustrie macht es Anlegern, die sich nicht jeden Tag mit der Materie beschäftigen, auch nicht immer leicht. Selbst standardisierte Produkte wie Publikumsfonds und ETFs haben ihre Tücken. ETF ist leider nicht gleich ETF, und Fonds ist nicht gleich Fonds. Die Unterschiede sind zum Teil erheblich, selbst dann, wenn es um Konkurrenzprodukte geht, die sich auf denselben Markt beziehen. Dazu kommt: Leider steckt in einem Produkt nicht immer das drin, was der Name erwarten lässt.

Wer sein Depot gewissenhaft mit einer durchdachten Strategie zusammenstellen will, kommt deshalb nicht umhin, die Risikostrukturen der einzelnen Produkte und Wertpapiere sehr detailliert zu analysieren. Zu den wichtigen Parametern zählt hier beispielsweise die Volatilität, die wiederum nicht für sich alleine steht, sondern ins Verhältnis zur Performance des Produkts und der Vergleichsgruppe gesetzt werden muss. Und natürlich ist auch die Kostenanalyse sehr wichtig. Hier sind nicht nur die auf den ersten Blick transparenten Kosten wie beispielsweise die TER (Total Expense Ratio) entscheidend, sondern auch die internen Kosten der Produkte. Die stehen in der Regel leider nicht auf dem Beipackzettel.

Fazit: Es ist verdammt viel Arbeit, die passenden Fonds und ETFs für sein ganz persönliches Portfolio zu finden. Das perfekte Standard-Wohlfühldepot zum Selberbauen, gefüllt mit den „besten“ Fonds und ETFs, bleibt deshalb leider eine Illusion.